Menu Content/Inhalt
Die Fortpflanzung der Haie und Rochen

Plattenkiemer, oder besser gesagt, Haie und Rochen, pflanzen sich anders als die meisten Knochenfische fort. Haie haben unterschiedliche Fortpflanzungsmethoden entwickelt, die alle jedoch eine innere Befruchtung und die Zeugung von nur einigen wenigen, aber dafür weit entwickelten Nachkommen gemeinsam haben.

Von Hannah Medd

Haie sind evolutionär erfolgreiche Tiere, die es schon sehr lange auf unserem Planeten gibt. Ein Merkmal, das es ihnen erlaubt hat, Phasen massiven Artensterbens zu überleben, besteht darin, dass die Gruppe hinsichtlich ihrer Fortpflanzung eine Reihe von Anpassungen entwickelt hat. Unterschiede in der Größe der Jungtiere, den Ovulationszyklen, den Tragzeiten und im Paarungsverhalten sowie die Verschiedenheit der Lebensräume, die als Kinderstuben genutzt werden, haben den Haien viele Möglichkeiten gegeben, mit Veränderungen ihrer Umwelt zurecht zu kommen.

Fortpflanzungsweisen

Eine eher primitive Fortpflanzungsweise besteht darin, eine große Menge Eizellen und Spermien zu produzieren und diese ins Wasser abzugeben, was unter Knochenfischen weit verbreitet ist. Dabei steht den Embryonen mit dem Dotter relativ wenig Nahrung zur Verfügung. Die Jungtiere schlüpfen als Larven und sind während ihrer langen Entwicklungsphase Räubern und Umweltfaktoren schutzlos ausgeliefert. Natürlich überleben nur wenige. Alle Haiarten sind bei der Fortpflanzung zur inneren Befruchtung übergegangen und haben wenige große Jungtiere, die die wehrlosen Entwicklungsstadien meist geschützt im Uterus des Weibchens verbringen und bei der Geburt bereits so weit entwickelt sind, dass sie Räubern und Konkurrenten entkommen können, was ihre Überlebenschancen deutlich erhöht.

Ovipare Haiarten legen Eier ab, während vivipare Arten lebendgebärend sind. Ihre Fruchtbarkeit, also die theoretische Fortpflanzungskapazität, reicht von ein bis zwei Jungtieren pro Jahr bis hin zu 300 bei den Walhaien. Studien an Glatthaien und Bogenstirn-Hammerhaien haben gezeigt, dass die Fruchtbarkeit mit der Körpergröße der Weibchen zunimmt, diese ist jedoch kein verlässlicher Indikator. Die Embryonen werden auf unterschiedliche Weise mit Nahrung versorgt: entweder ausschließlich über den Dottersack, was als lecithotrophisch bezeichnet wird, oder zusätzlich über den Kreislauf des Muttertiers, was man als matrotrophische Ernährung bezeichnet. Nährstoffe vom Muttertier zu bekommen bringt den Vorteil mit sich, dass die Jungtiere dadurch bis zur Geburt stärker wachsen und danach größere Überlebenschancen haben.

Die Oviparie, die Eiablage, wird als vergleichsweise primitive Fortpflanzungsweise betrachtet. Arten, die am Meeresboden, an der Küste oder in der Tiefsee leben, insgesamt ungefähr 40% aller Haiarten, praktizieren diese und legen robuste Eihüllen auf dem Substrat oder auf Strukturen am Meeresboden ab. Die Versorgung der Embryonen in den Hüllen erfolgt über einen Dottersack, doch diese Nahrungsquelle ist begrenzt, so dass die Jungtiere beim Schlüpfen noch relativ klein sind. Ihre Entwicklung in der Eihülle kann von ein paar Monaten bis zu über einem Jahr dauern. Sauerstoff und Frischwasser gelangen durch seitliche Schlitze in die Eihülle, und dadurch dass der Embryo kontinuierlich seinen Schwanz bewegt, wird ein ständiger Durchfluss erreicht. Eier werden immer paarweise abgelegt und wahrscheinlich ist die Wassertemperatur der ausschlaggebende Faktor für die Entwicklung der Embryonen. Es gibt Hinweise darauf, dass das Muttertier das Substrat für die Eiablage nach Eignung auswählt. Stierkopfhaie sind dabei beobachtet worden, wie sie Eihüllen aufgehoben und in einer sicheren Position im Substrat festgeklemmt haben.

Im Fall der viviparen Fortpflanzung verbringen die Jungen ihre gesamte Entwicklungsphase im Uterus der Mutter. Sie werden entweder nur über den Dotter ernährt oder zusätzlich über eine Verbindung zur Mutter. Wenn keine Plazenta-Verbindung zum Organismus der Mutter besteht, der Embryo sich aber im Uterus der Mutter entwickelt, spricht man von aplazentaler Viviparie oder Ovoviviparie. Je nach genauer Ernährungsweise unterscheidet man drei verschiedene Formen: Der Embryo kann ausschließlich vom Dotter abhängen, zusätzlich durch weitere Eier oder über plazenta-artige Strukturen ernährt werden.

Die Beschränkung auf den Dotter findet man bei den Ordnungen der Hundshaie (Squaliformes), Siebenkiemerhaie (Hexanchiformes) und Engelshaie (Squatiniformes), sowie bei einigen Arten der Teppichhaie (Orectolobiformes) und der Grundhaie (Carcharhiniformes). Beim Eisprung enthält das Ei einen Dotter, der die Gesamtmenge an Nährstoffen darstellt, die dem Embryo zur Verfügung stehen. Daher sind die Jungtiere bei der Geburt relativ klein.

Die Oophagie, eine Versorgungsform, die man bei Großaugenfuchshai, Pazifischem Fuchshai, Kurzflossenmako und Heringshai findet, hat sich bei den Knorpelfischen zu einem frühen Zeitpunkt entwickelt. Dabei können die Eierstöcke sehr groß und bis zu fünf Kilo schwer werden, die Eier sind allerdings mit einem Durchmesser von 5–7 mm klein. Sie dienen hauptsächlich der Ernährung der heranwachsenden Embryonen, die den Dotter relativ schnell aufgebraucht haben. Mit einer Größe von ca. 5 cm beginnen sie, weitere Eier zu fressen, wofür sie eine Art temporäre Zahnstruktur ausbilden. Nur einige wenige Eier werden zu Beginn der Tragzeit befruchtet, beim Pazifischen Fuchshai zum Beispiel nur eins pro Eileiter. Eine Ausnahme bildet der Sandtigerhai, bei dem es etwa zwölf sind. Die Eier, die lediglich der Ernährung dienen, werden vom Weibchen nach den befruchteten Eiern produziert.

Intrauteriner Kannibalismus tritt auf, wenn ein Embryo eine Größe von 10–12 cm erreicht, nach weiteren Embryonen sucht, diese totbeißt, weiter wächst und sich von den lange toten Embryonen sowie unbefruchteten Eiern ernährt. Der überlebende Embryo frisst so viel, dass er einen vorstehehenden „Dotterbauch“ bekommt. All diese Nahrung sorgt dafür, dass die Jungtiere relativ groß zur Welt kommen, wie etwa bei den Sandtigerhaien, deren Junge bei der Geburt über einen Meter lang sein können und damit etwa ein Drittel der Größe eines ausgewachsenen Tiers erreichen.

Bei Rochen funktioniert die Embryonalversorgung über eine plazenta-artige Struktur, die in etwa die gleiche Funktion übernimmt: Ein Teil der Uterus-Auskleidung sondert eine Nährsubstanz ab, die so genannte Uterinmilch, die vom Embryo aufgenommen wird.

Plazentale Viviparie ist eine weitere Art der Embryonalversorgung, bei der der Dotter eine Rolle spielt und die man nur in der Ordnung der Grundhaie (Carcharhiniformes) findet. Innerhalb dieser Ordnung können innerhalb einer Familie oder Gattung sowohl plazental vivipare als auch aplazental vivipare Arten vorkommen. So existieren zum Beispiel in der Gattung Mustelus (einer Gattung der Glatthaie) sowohl aplazental vivipare Arten, darunter der Gefleckte Brackwasser-Glatthai, der Australische Glatthai und der Sternenfleck-Glatthai, als auch plazental vivipare wie der Dunkle Glatthai oder der Fleckenlose Glatthai. In den ersten paar Wochen ernährt sich der Embryo vom Dottersack, der, wenn der Dotter zur Neige geht, länglich und dünnwandig wird, auf einer Seite Blutgefäße entwickelt und mit der Uteruswand verwächst, wodurch eine Dottersack-Plazenta entsteht. Alle Nährstoffe im Kreislauf der Mutter stehen dann über diese auch dem Jungtier zur Verfügung, eine beinahe unerschöpfliche Energiequelle: Solange das Muttertier gesund ist, ist auch das Jungtier versorgt. Diese Art der Embryonalversorgung hat sich in der Unterklasse der Plattenkiemer (Elasmobranchier) 11–20mal unabhängig entwickelt, weshalb ihre genaue Ausprägung jeweils sehr unterschiedlich ist.

Anatomie

Männliche Fortpflanzungsorgane

Das männliche Fortpflanzungssystem ist komplex und beinhaltet diverse Körperteile: Hoden, Genitalgänge (d.h. Ductuli efferentes, Nebenhoden, Ampullae), Urogenitalpapille, Siphonalsäcke und Klasper. Wie beim Menschen sind die Hoden doppelt vorhanden und symmetrisch angeordnet. Sie befinden sich oberhalb der Leber und werden durch eine faserige Bindegewebshülle, das Mesorchinum, in ihrer Position gehalten. Bei manchen Haiarten sind die Hoden in das vordere Ende des Epigonalorgans eingebettet, das zum Immunsystem gehört. Bei nicht geschlechtsreifen Tieren können die Hoden schwer identifizierbar sein, da sie nur als weißes Gewebe oder undeutlicher Streifen auf der Oberfläche des Epigonalorgans erkennbar sind, beim erwachsenen Tier sind sie jedoch auffällig und ändern im Laufe des Jahres ihr Aussehen. Die Hoden spielen bei der Bildung und Ausschüttung bestimmter Steroide eine Rolle. Die Spermatogenese, also die Bildung von Spermien aus unreifen Zellen, erfolgt ebenfalls in den Hoden.

Bei den Plattenkiemern kommen drei unterschiedliche Formen von Hoden vor: radiale, diametrale und eine Mischform. Radiale Hoden, wie sie z.B. bei den Riesenhaien und in der Ordnung der Makrelenhaie (Lamniformes) vorkommen, sind vom Epigonalorgan umschlossen. Die Zellen, aus denen die Spermien gebildet werden, beginnen sich im Zentrum zu entwickeln und wandern dann zum äußeren Rand, von wo aus sie weiter transportiert werden. Die Requiemhaie (Carcharhinidae), eine Ordnung der Familie der Grundhaie (Carcharhiniformes), und die Hammerhaie haben diametrale Hoden, die über die Fläche des Epigonalorgans hinaus reichen und die sich entwickelnden Spermien von einer Seite zur anderen transportieren. Die Mischform findet sich bei den meisten Rochen (Batoidea) und verbindet Eigenschaften der beiden anderen Formen.

Der Spermatozyt, die Funktionseinheit eines Hai-Hodens, besteht aus einer kugelförmigen Struktur, die Spermatoblasten enthält, die wiederum Sertoli-Zellen enthalten, welche der Nährstoffversorgung der sich bildenden Spermien dienen. Wenn der Spermatozyt platzt, brechen die Sertoli-Zellen auseinander und setzen Spermien frei, die in den Genitalgängen gelagert werden.

Klasper sind paarig angeordnete, röhrenförmige Kopulationsorgane, gebildet aus dem inneren Rand der Bauchflossen, und dienen dazu, das Sperma vom Männchen in den Körper des Weibchens zu transportieren. Bei nicht geschlechtsreifen Tieren sind sie klein und biegsam, bei geschlechtsreifen Tieren sind sie bis zu einem gewissen Grad durch Kalkeinlagerungen verhärtet und von der Bauchflossenbasis abspreizbar. Für viele Studien ist es von grundlegender Bedeutung die Lebensphase eines Hais zu bestimmen, und die Geschlechtsreife wird am Grad der Kalkeinlagerung und Rigidität der Klasper festgemacht sowie daran, ob sich das Ende des Klaspers, das eine Art Haken enthält, öffnen kann.

Bei der Paarung wird der Klasper eingeführt und transportiert das Sperma. Welchen seiner Klasper es dabei benutzt, entscheidet das Männchen je nachdem, wie es das Weibchen zu fassen bekommt: Wenn es die rechte Brustflosse des Weibchens festhält, benutzt es den rechten Klasper. Die meisten Studien zum Paarungsverhalten zeigen, dass Haie nur jeweils einen Klasper benutzen, allerdings gibt es auch Belege dafür, dass Arten wie der Kleingefleckte Katzenhai durchaus beide Klasper verwenden können. Bei der Paarung wird der Klasper nach vorn gedreht und in den Geschlechtstrakt des Weibchens eingeführt, wo er durch eine Art scharfen Haken fixiert wird. Beim Vorwärtsdrehen des Klaspers öffnet sich ein Gang, der eine Verbindung zwischen dem Klasperende und der so genannten Urogenitalpapille, einem Genitalgang des Männchens, herstellt. Die Siphonalsäcke, paarig angeordnete, mit Muskeln versehene Blasen an der Körperunterseite des Männchens, kontrahieren und spülen so das Sperma mithilfe von Meerwasser von der Kloake in die Klasper und in den Körper des Weibchens. Diese Spülbewegung, die von den Siphonalsäcken ausgeht, könnte nebenbei auch dazu dienen, fremde männliche Keimzellen fortzuspülen. Das Sperma wird in Form von Spermatophoren transportiert, die entweder rund, eiförmig oder zylinderförmig sind und eine große Menge einzelner Spermien oder Spermapakete enthalten. Das Sperma ist in Klumpen, dem so genannten Spermatozeugma, in der Hülle der Spermatophoren eingebettet, aber nicht eingekapselt. Bei Großen Weißen Haien und Sandtigerhaien sind die Spermatozeugma-Klumpen mit etwa 10 mm bzw. 30 mm recht groß. Es handelt sich um temporäre Strukturen, die sich stark voneinander unterscheiden können und deren Funktion noch weitgehend unerforscht ist. Für den hohen Proteingehalt der Samenflüssigkeit von Haien ist möglicherweise die Leydig-Drüse verantwortlich, die eine verzweigte, röhrenförmige Struktur aufweist, mit dem ersten Teil des Nebenhodens in Verbindung steht und proteinproduzierende Zellen enthält.

Weibliche Fortpflanzungsorgane

Die weibliche Fortpflanzungsanatomie umfasst viele bekannte Bezeichnungen, darunter Eierstöcke und Eileiter. Die Eierstöcke liegen im vorderen Teil des Körpers oberhalb der Leber, entweder paarig angeordnet oder einzeln, und dienen der Produktion von Keimzellen, der Ansammlung von Dotter sowie der Produktion und Ausschüttung von Hormonen. Bei entwicklungsgeschichtlich „alten“ Haigruppen übernehmen beide Eierstöcke diese Aufgaben, bei den so genannten Galeomorphi (Gefleckte Katzenhaie (Scyliorhinus), Glatthaie (Mustelus), Hammerhaie (Sphyrna), Braunhaie (Carcharhinus)) funktioniert jedoch nur der rechte Eierstock. Weiter entwickelte Haiarten verfügen nur noch über einen Eierstock, der am vorderen Ende eines langgestreckten Epigonalorgans eingebettet liegt. Bei nicht geschlechtsreifen Tieren ist der Eierstock klein und ähnelt einem Streifen gekörnten Gewebes, bei geschlechtsreifen Tieren kann er sehr groß und leuchtend gelb sein. Es gibt externe und interne Eierstöcke. Externe Eierstöcke sind kompakt und produzieren wenige, relativ große Eizellen von etwa 20–60 mm Durchmesser. Interne Eierstöcke, wie sie in der Familie der Makrelenhaie (Lamnidae) vorkommen, produzieren eine Unmenge kleiner Eizellen von 3–5 mm Durchmesser, die auch der Ernährung der Embryonen dienen. Die Eileiter sind bei allen Haien doppelt vorhanden, röhrenförmig und verlaufen zu beiden Seiten der Wirbelsäule durch den Körper. Am vorderen Ende sind sie miteinander verbunden und enden am Ostium, wo sie in engere, gewundene Gänge übergehen, die zur Eileiterdrüse (Nidamentaldrüse) führen. Bei geschlechtsreifen Tieren ist die Eileiterdrüse gut entwickelt und deutlich größer als der Eileiter. Ihre Funktion besteht darin, die Eihülle zu produzieren. Diese Drüse könnte auch eine Rolle bei der Lagerung von Sperma und bei der Befruchtung spielen, da sie, direkt nachdem die Befruchtung erfolgt ist und während die Eier durch sie hindurch passieren, auf die doppelte Größe anschwillt. Als Uterus wird der hintere Teil des Eileiters betrachtet, in dem sich der Embryo entwickelt. Meist haben die sich entwickelnden Embryonen untereinander Kontakt, bei Hammerhaien und einigen Arten der Requiemhaie (Carcharinidae) befinden sie sich jedoch ein getrennten Zellen. Beide Uteri sind mit der Vagina verbunden, die in die Kloake mündet.

Die Eier von Plattenkiemern sind meist relativ groß und enthalten eine große Menge Dotter, dessen Produktion reichlich Energieaufwand bedeutet, weshalb sie meist nicht in großen Mengen gebildet werden. Wie bereits erwähnt wurde, produzieren Makrelenhaie allerdings große Mengen kleiner Eier, um die heranwachsenden Embryonen zu ernähren. Normalerweise werden gleichzeitig zwei Eier vom Eierstock freigesetzt und wandern durch das Ostium in die Eileiter, eins in jeden. Sie passieren die Eileiterdrüse und werden dort mit einer Eihülle versehen. Bei oviparen Haiarten produziert die Drüse eine robuste Hülle für die lange Entwicklungsphase im freien Wasser, die von mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr dauern kann. Bei viviparen Haiarten ist die Hülle dünn und glatt. Die Eier sind aufgrund ihrer Größe telolecithal, d.h. der Dotter ist an einem Ende konzentriert. Ein kleiner Teil desjenigen Endes der Eihülle, indem sich das Tier befindet, ist am Furchungsprozess beteiligt, das andere Ende entwickelt sich zum Dottersack. Bei Plattenkiemer-Eiern findet üblicherweise eine meroblastische Furchung statt, wobei aufgrund der großen Menge an Dotter nur ein Teil des Eis genutzt wird.

Die Lagerung von Sperma konnte bei diversen Arten nachgewiesen werden, darunter Schwarzhai, Blauhai, Atlantischer Scharfnasenhai und Bogenstirn-Hammerhai. Die Dauer der Lagerung scheint von Art zu Art zu variieren. Nervöse Haie haben demnach Sperma bis zu vier Wochen gelagert, Hundshaie fünf Monate, Schnauzbarthaie sechs Monate und Blauhaie zwölf Monate. In einer Studie produzierten weibliche Kettenkatzenhaie nach 843 Tagen, die sie von Männchen isoliert verbracht hatten, Eier, aus denen sich normale Jungtiere entwickelten. Doch allein die Tatsache, dass die Eileiterdrüse durch ihre röhrenförmige Struktur für die Lagerung von Sperma prädestiniert scheint, beweist diese Funktion noch nicht. Weitere Forschung ist notwendig, um das Mysterium der Sperma-Lagerung aufzuklären.

Fortpflanzungszyklen

Für die meisten Haiarten fehlen genaue Daten selbst zur grundlegendsten Beschreibung ihrer Fortpflanzungszyklen, darunter z.B. Ovulationszyklus und Tragzeit. Unter Ovulationszyklus versteht man die Zeit, die ein Weibchen braucht, um Oozyten, unreife Eizellen, bis zum Eisprung zu entwickeln. Die Tragzeit dauert von der Befruchtung bis zur Geburt der Jungtiere. Bei Dornhaien entstehen im Eierstock bereits neue Eizellen, während sich im Uterus Jungtiere entwickeln, Ovulationszyklus und Tragzeit überschneiden sich also. In diesem Fall dauern beide etwa zwei Jahre, man spricht also von einem zweijährigen Fortpflanzungszyklus. Bei vielen Requiemhaien, etwa den Kleinen Schwarzspitzenhaien und dem Feinzahnhaien, folgen die beiden Phasen aufeinander: Ein Kleiner Schwarzspitzenhai wird im Mai schwanger, hat eine Tragzeit von einem Jahr und bringt im folgenden Mai Jungtiere zur Welt. Darauf folgt eine Pause, die das Tier benötigt, um Fettvorräte in der Leber aufzufüllen, und im späten Winter entwickeln sich schnell neue Eizellen, so dass im Mai der nächste Eisprung und die nächste Paarung stattfinden. Von Eisprung zu Eisprung dauert dieser Fortpflanzungszyklus also auch zwei Jahre. Andere Arten wie Atlantischer Scharfnasenhai, Dunkler Glatthai und Bogenstirn-Hammerhai haben jährliche Fortpflanzungszyklen, bei denen sich gleichzeitig Eizellen und Embryonen entwickeln und bei denen sich die Weibchen kurz nach der Geburt erneut paaren. Bei einigen Arten wird vermutet, dass der Fortpflanzungszyklus bis zu dreieinhalb Jahre dauern könnte.

Paarung

Über das Paarungsverhalten der Haie ist wenig bekannt. Vor der Paarung muss ein langer und komplizierter Prozess der Partnererkennung und -wahl durchlaufen werden, bei dem viele Männchen zurückgewiesen werden. Studien belegen bei weiblichen Ammenhaien Selektionsverhalten wie Verweigerung, Ausweichen, Buckeln und Abschirmen. Akzeptanz wird durch das Abspreizen und/oder Einrollen der Bauchflossen ausgedrückt. Männchen zeigen dann untereinander kooperatives Verhalten, indem sie weitere Konkurrenten abdrängen, was als Hilfe und ein gewisses Niveau an Sozialverhalten betrachtet wird. Da alle Haiarten innere Befruchtung praktizieren, läuft das Verhalten vor der Paarung darauf hinaus, dass das Männchen das Weibchen auf irgendeine Weise festhält, um den Klasper einführen zu können. Einige Arten halten das Weichen an einer Brustflosse fest oder beißen und halten sich am Körper fest. Anfängliche Werbungs-Bisse können dazu dienen, die Absichten des Männchens deutlich zu machen und die Aufmerksamkeit des Weibchens zu gewinnen, wobei diese Bisse wesentlich harmloser ausfallen als solche, die der Nahrungsaufnahme dienen: Die Männchen beißen weniger fest zu und schließen ihre Kiefer nicht ganz. Weibliche Blauhaie haben doppelt so dicke Haut wie männliche, was dazu dient, die Verletzungen durch Paarungsbisse einzugrenzen. Bei weiblichen Ammen- und Zitronenhaien ist beobachtet worden, dass sie sich mit mehreren Männchen paaren, was auch durch Bluttests belegt wurde, die belegen konnten, dass die Jungtiere eines Wurfs von verschiedenen Männchen abstammten. Es handelt sich um eine allgemeine Strategie zur Sicherung der genetischen Vielfalt.

Fazit:

Die Evolution der Fortpflanzungsbiologie der Haie zeigt, dass sie sich auf verschiedenen Wegen von der modifizierten Oviparie hin zur Viviparie entwickelt haben, wobei eine Vielfalt an Anpassungen bezüglich der Ernährung der sich entwickelnden Jungtiere, der Fortpflanzungszyklen, der Wurfgröße etc. besteht. Erhebliche weitere Forschungsarbeit zur Fortpflanzung der Haie ist notwendig, um den Schutz der Tiere und Modelle zum Erhalt der Populationen voran zu bringen, für die genaue Daten benötigt werden. Eine weitere grundlegende Forschungsaufgabe der Zukunft sollte in der Identifikation der wesentlichen Ansprüche bestehen, die küstenbewohnende Arten an ihren Lebensraum stellen, so dass die Bestände erhalten und ihre erfolgreiche Fortpflanzung für die Zukunft sicher gestellt werden können.

Referenzen:

Conrath, C.L. 2004. Reproductive biology, p.133-164. In: Elasmobranch Fisheries Management Techniques. J.A. Musick and R. Bonfil (eds). IUCN SSG/APEC, Singapore.

Carrier, J. C., Pratt, H.L., and Castro, J.I. 2004. Reproductive biology of elasmobranchs, pp. 269-286. In: Biology of sharks and their relatives. J.C. Carrier, J.A. Musick, and M.R. Heithaus (eds). CRC Press, Boca Raton.

Compagno, L., Dando, M., and Fowler, S. 2005. A Field Guide to the Sharks of the World. pp. vi-368. Harper Collins Publishers Ltd, London.

Weitere Literatur:

Compagno, L. J. V. 1990. Alternative life-history styles of cartilaginous fishes in time and space. Environmental Biology of Fishes. 28:33-75.

Gilbert, P.W., and W. Heath. 1972. The clasper-siphon sac mechanism in Squalus acanthias and Mustelus canis. Comparative Biochemistry and Physiology. 42A: 97-119.

Hamlett, W. C. 1999. Male reproductive system, p. 444-470. In: Sharks, Skates, and Rays: the Biology of Elasmobranch fishes. W.C. Hamlett (ed.). The Johns Hopkins University Press, Baltimore.

Hamlett, W.C. and T.J. Koob. 1999. Female reproductive system, p. 398-433. In: Sharks, Skates, and Rays: the Biology of Elasmobranch fishes. W.C. Hamlett (ed.). The Johns Hopkins University Press, Baltimore.

Maruska, K.P., Cowie, E.G., and TC. Tricas. 1996. Periodic gonadal activity and protracted mating in Elasmobranch fishes. Journal of Experimental Zoology. 276: 219-232.

Parson, G. R. 1981. The reproductive biology of the Atlantic sharpnose shark, Rhizoprionodon terraenovae (Richardson). Fisheries Bulletin. 81:61-73.
Parson, G.R. and Grier, H. J. 1992. Seasonal changes in shark testicular structure and spermatogenesis. Journal of Experimental Zoology. 261: 173-184.

Pratt, H.L. 1979. Reproduction in the blue shark, Prionace glauca. Fisheries Bulletin. 77:445-470.

Pratt, H.L. 1993. The storage of spermatozoa in the oviducal glands of western North Atlantic sharks. Environmental Biology of Fishes. 38: 139-149.

Teshima, K. 1981. Studies on the reproduction of Japanese dogfishes, Mustelus manazo and M. griseus. J. Shimonoseki Univ. Fish. 29:113-199.

Wourms, J. P. 1977. Reproduction and development in chondrichthyan fishes. American Zoology. 17: 379-410.

Comments (0)

Write comment

 


FBTwitter
SocialTwist Tell-a-Friend