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Denn jeder Hai zählt!

Mit Haien tauchen

Erleben Sie Haie in ihrer natürlichen Umgebung

Photo Credit: Mary O'Malley
Mit Haien tauchen

von Cristina Zenato

Übersetzung von Nadine Dirksen

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Die wohl häufigste Frage, die ich von Menschen rund um den Globus gestellt bekomme, ist die nach den Fähigkeiten, die man braucht, um mit Haien tauchen zu können. Den meisten Leuten sieht man dann auch an, dass sie hin- und hergerissen sind zwischen Furcht und dem dringenden Wunsch, wirklich mit Haien zu schwimmen. Diese Fragen kommen am allermeisten von Tauchanfängern, aber manchmal auch von Leuten, die noch nie getaucht sind. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie gerne mit Haien ins Wasser möchten - sie möchten mit ihnen tauchen und deren beeindruckende Schönheit hautnah erleben.

Ihre Fragen sind berechtigt und auch sehr wichtig. Ich habe eine Menge Erfahrung, die ich beim Tauchen mit Haien über die Jahre hinweg gesammelt habe. Darum freue ich mich umso mehr, wenn sich jemand, ob Taucher oder nicht, Gedanken darüber macht, ob er oder sie zum Tauchen mit Haien geeignet ist und mich um meine Meinung bittet. Sogar geübte Taucher sollten sich ein paar Regeln klarmachen, um sagen zu können, ob ein bestimmtes Haierlebnis oder ein Tauchgang mit Haien für ihr Trainingslevel geeignet ist.

Auf jeden Fall muss man sich ein paar grundlegende Dinge bewusst machen, bevor man sich entscheidet, wann, wo, wie und mit welchen Haien man tauchen möchte.

Am einfachsten ist es, wenn man sich als erstes überlegt, welche Haispezies man sehen möchte. Anhand dieser Entscheidung kann man sich dann nach geeigneten Gebieten, der passenden Saison und auch nach Anbietern und Bedingungen umschauen. Manche Haiarten beobachtet man am besten von der Wasseroberfläche aus, während andere wiederum leichter unter Wasser mit Atemgerät ausgestattet zu beobachten sind. Dazwischen gibt es ein ganzes Spektrum an "Methoden", wie die Begegnung mit Haien gestaltet werden kann. Weil es für Haibegegnungen so gut wie keine Vorschriften gibt, kann wirklich jeder machen, was er möchte. Das reicht von den zurückhaltendsten Ausflügen zum Cage Diving im Käfig bis hin zu waghalsigen Tauchtouren im Alleingang - und sie alle können im Chaos enden. Darauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal genauer eingehen. Hier sei nun erst einmal gesagt, dass man sich der Herausforderungen auch gut geführter Haibegegnungen bewusst sein muss - ganz egal, ob diese nun über oder unter Wasser stattfinden. Nur dann wird die Begegnung auch zu einem positiven und sicheren Erlebnis für Sie und die Tiere.

Haibegegnungen über Wasser

JA_diversurface.jpgWenn die von ihnen ausgesuchte Haiart am besten von der Oberfläche aus beobachtet wird, sollten Sie sich überlegen, wo und wie die Begegnung stattfinden soll. Dabei muss man auch jederzeit das Verhalten der Haie berücksichtigen, um festlegen zu können, welche Strategie am geeignetsten ist. Als ideales Beispiel kann man Walhaie nennen. Im Moment ist im Internet eine Fülle an beliebten Filmaufnahmen von Tauchgängen mit diesen wunderschönen Tieren zu finden. Diese Aufnahmen vermitteln schnell den Eindruck, dass das Tauchen mit Walhaien ganz einfach und entspannt ist. In Wirklichkeit muss man aber eine gute Ausdauer und viel Kraft in den Beinen haben, um gegebenenfalls treten zu können. Außerdem sollte man über wenigstens mittelmäßige Taucherfahrung verfügen, um so einen Ausflug zu wagen.

Die meisten Begegnungen mit Walhaien finden mitten im Ozean statt und man schwimmt dabei mit einem Tier, das mit nur einer einzigen sanften Bewegung der Schwanzflosse meterweit dahingleiten kann. Weil außerdem die Tiere nicht beim Fressen gestört werden sollen, wofür sie gelegentlich an die Oberfläche kommen, müssen Schiffe und Boote einen weiten Bogen um diese sanften Riesen machen. Also ist man deshalb ein gutes Stück von der unmittelbaren Sicherheit des Bootes entfernt. Sie müssen vielleicht nicht unbedingt ein Sporttaucher sein, aber Sicherheit im Wasser und Schnorchelkenntnisse sind ein Muss, damit die Begegnung auch wirklich Spass macht. Genauso wie bei vielen anderen Aktivitäten im Meer ist körperliche Fitness wichtig, damit aus der Begegnung auch ein schönes Erlebnis wird.

Damit Ihr Tauchgang angenehm wird, ist es auch wichtig, mit der Schnorchelausrüstung vertraut zu sein. So einen Ausflug zu wagen, wenn Sie das erste Mal mit Maske und Schnorchel unterwegs sind, ist keine besonders gute Idee, weil die Eingewöhnung das ganze Erlebnis beeinträchtigen kann. Um Übung zu bekommen, sollten Sie vorher schon ein paar Mal geschnorchelt sein oder Trainingsstunden genommen haben. Dann sind Sie auch für das große Ereignis gerüstet. Außerdem ist es immer sinnvoll, noch ein wenig fitter zu werden, wie z. B. durch regelmäßiges Bahnenschwimmen.

Sollten die Haibegegnungen im Käfig stattfinden, braucht es vermutlich weniger Vorbereitung, was das Schwimmen angeht. Überraschenderweise sind Begegnungen im Käfig für viele die bevorzugte Variante - eben bestimmt aus dem Grund, weil man sich weniger darauf vorbereiten muss. Trotzdem sollte man aber die Anreisezeit zur Cage Diving-Stelle per Boot im Auge behalten, und sich überlegen, ob man Wellengang und Wetter aushält.

Für den Fall, dass Sie Bootsfahrten nicht gewöhnt sind oder leicht seekrank werden, können Sie sich am besten mit geeigneten Medikamenten vorbereiten, die Ihnen die Fahrt leichter machen. Zusätzlich ist es sinnvoll, auf die verschiedenen Elemente vorbereitet zu sein (Wasserfeste Jacke, Sonnenschutz, Sonnenbrille, Kopfbedeckung) und sich bequem anzuziehen, am besten mit Kleidung, die auch nass mit Salzwasser werden darf. Fragen Sie vorab ihren Tourenanbieter, ob bestimmte Ausrüstung empfohlen oder zur Verfügung gestellt wird. Beispielsweise muss man in bestimmten Gebieten Südafrikas auch bei Käfigtauchgängen einen isolierten Wetsuit tragen, weil das Wasser sehr kalt sein kann. Stellen Sie rechtzeitig sicher, dass Sie einen gut sitzenden Wetsuit haben, auch wenn Sie diesen leihen. Schlecht passende Anzüge bieten kaum Schutz gegen kalte Temperaturen oder bringen im schlimmsten Fall gar nichts.

Haibegegnungen unter Wasser

MO_tigerlemon_diver.jpgGanz andere Gedanken muss man sich jedoch machen, wenn es um Haibegegnungen oder Beobachtungstauchgänge geht, für die man Atemgeräte benötigt. Zunächst einmal ist ein Open-Water-Tauchschein unbedingt notwendig. Wenngleich man vielleicht für bestimmte Tauchgänge auch noch höhere Scheine braucht, finde ich persönlich die Fähigkeiten und die Erfahrung, die Einzelne mit sich bringen, wichtiger. Letztendlich sollten Sie sicherstellen, dass Sie die Qualifikation oder Erfahrung haben, die vom Tauchführer verlangt wird. Noch wichtiger ist, dass Sie sich selbst gegenüber nichts vormachen, was Ihre Fähigkeiten betrifft. Es wird Ihnen nämlich niemand anders außer Sie selbst sagen können, ob Sie in der Lage sind, einen Tauchgang durchzuhalten.

Und wie immer sollten Sie auch die Tiere, mit denen Sie tauchen möchten, in Ihre Überlegungen mit einbeziehen. Um welche Haiart handelt es sich? Wie verhalten sich die Tiere und wo ist ihr Lebensraum? Wie laufen die Begegnungen ab? Handelt es sich bei dem Tauchgang vielleicht um den Besuch eines Gebietes, wo sich die Tiere saisonal vermehrt aufhalten, wie z.B. der berühmte Sardine Run? Ist Chumming geplant, oder werden die Haie auf eine andere Art mit Futterködern angelockt? Oder ist es gar eine Begegnung ganz ohne Regie in freier Wildbahn? Versichern Sie sich, dass sie wissen, welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt und was genau dabei auf Sie zukommt. Machen Sie sich auch bewusst, was Sie von den Tieren und dem Tauchführer zu erwarten haben. Ebenso wichtig ist es, dass Sie mit den Regeln und Vorschriften, die Ihnen Ihr Tauchveranstalter für Tauchgänge und Haibegegnungen vorgibt, vertraut sind. Kommen Sie mit den beschriebenen Tauchvorgängen klar? Wird ein Tauchführer dabei sein oder jemand, der darauf trainiert ist, die Haie mit Ködern anzulocken? Haben Sie das Gefühl, dass der Tauchgang und die Begegnung Ihrem Können entsprechen?

Wie schätzt man all die Faktoren am besten ein?

Fangen Sie damit an, dass sie versuchen, die Tiere, denen Sie begegnen möchten, einzuschätzen und zu verstehen. Finden Sie heraus wie sie sich in freier Wildbahn verhalten und wie sie reagieren. Versuchen Sie nachzuvollziehen, wie sich der Führer auf die Haie einstellt und auf ihre typische Verhaltensweise eingeht. Suchen Sie sich aus dem Angebot von Tauchführern und Begegnungen jene heraus, die Ihrer Erfahrung entsprechen und mit denen Sie sich auch wohlfühlen.

Stellen Sie noch mehr Fragen:

Ist es ein Tauchgang in der Gegend von 30 Metern Tiefe und mehr? Sind Sie schon einmal so tief getaucht? Werden Sie es mit starken Strömungen zu tun bekommen? Können sie unter den gegebenen Voraussetzungen mit der Gruppe und dem Führer mithalten? Ist das Wasser kalt? Wie ist die Sichtweite? Wie vertraut sind sie mit den ganzen vorhandenen Bedingungen? Wenn Sie feststellen, dass auch nur eine Einzelheit für Sie neu ist, sollten Sie sich darauf vorbereiten. Nur dann wird das Taucherlebnis für Sie auch positiv. Sollte es so sein, dass der ohnehin für Sie neue Tauchgang mit Haien auch noch andere unbekannte Faktoren mit sich bringt, sollten Sie warten. Besser nehmen Sie sich dann noch Zeit, sich vorzubereiten oder vielleicht sammeln Sie sogar vorher lieber noch etwas mehr Taucherfahrung.

Stellen Sie sich Ihren Tauchgang bildlich vor und machen Sie sich mit Ihrer Ausrüstung vertraut

MO_lemon_diver.jpgEs ist sehr hilfreich, sich den Tauchgang und dessen Umstände bildlich vor Augen zu führen. Das Wort "visualisieren" haben wir ja schon öfter gehört, aber wie das so richtig geht, ist oft eine andere Frage.

Für meine Taucher und Schüler habe ich einen kleinen Trick, den ich im Übrigen auch für mich selbst anwende. Fangen Sie damit an, dass Sie sich vorstellen, wie Sie Ihren Wetsuit anziehen. Denken Sie daran, wo Sie sich dabei befinden könnten. Ist es heiß? Nehmen Sie einen dicken Anzug? Wie werden die Wetterverhältnisse an der Oberfäche sein? Machen Sie es wirklich so, dass Sie sich hinsetzen und sich vorstellen, wie Sie den Tauchanzug anlegen. Stellen Sie sich die Wärme vor, die Ihren Körper danach umgibt. Atmen Sie durch und nehmen Sie die Wärme an. Stellen Sie sich vor wie Sie schwitzen, fühlen Sie das Schaukeln des Bootes. Versuchen Sie all das gefühlsmäßig wahrzunehmen, damit Sie darauf gefasst sein können. Machen Sie das für jedes einzelne Teil Ihrer Ausrüstung: Maske, Atemregler, Tarierweste, Gewichte... Stellen Sie sich alles bildlich vor und nehmen Sie die Eindrücke an. Wenn es dann später tatsächlich soweit ist, werden Ihr Geist und Ihr Körper bereit sein und Sie die Ruhe bewahren. Versuchen Sie sich Ihre Atmung bewusst zu machen und kontrolliert und entspannt Luft zu holen.

Stellen Sie sich bildlich vor, wie Sie hinabtauchen, wie Sie den Druck ausgleichen müssen und worauf Sie sich konzentrieren müssen. Ist ein Führer dabei? Werden Tauchseile eingesetzt? Handelt es sich um Freiwasser-Tachgang? Ist der Grund zu sehen? Gibt es einen Treffpunkt? Während Sie dabei sind, sich diese Szenen vorzustellen, können Sie sich Ihre Bedenken bereits vor dem Tauchgang deutlich machen. So haben Sie Gelegenheit, diese vorher mit den verantwortlichen Personen zu besprechen.

Wenn Sie vorhaben, Kameraausrüstung mitzunehmen, sollten Sie sich vorab mit deren Bedienung vertraut machen. Der erste SCUBA-Tauchgang mit Haien ist sicherlich nicht die geeignete Gelegenheit, sich mit den zig Knöpfen oder den Blitzfunktionen vertraut zu machen. Widerstehen Sie also der Versuchung, neue Ausrüstung mitzunehmen. Es besteht definitiv ein Unterschied, ob Sie nun die normale Standardausrüstung mieten, die sie auf diversen Tauchgängen auf die eine oder andere Weise schon vorher kennengelernt haben und an die sie sich deshalb spielend wieder gewöhnen oder ob Sie ein komplett neues Gerät dabeihaben. Es braucht Zeit, sich auf eine neue Kamera oder einen Computer einzustellen und Ihre Aufmerksamkeit sollte bei so einem Tauchgang wirklich allein der Umgebung und den unbekannten Tieren gelten.

Dasselbe gilt auch für neue Tauchanzüge. Sollten Sie beispielsweise vorhaben, sich für den Trip einen neuen Wetsuit zuzulegen, der vielleicht auch dicker ist, also 5 mm oder mehr, dann überlegen Sie, ob sie so einen dicken Anzug vorher schon einmal benutzt haben. Bedenken Sie, wie viel Gewicht Sie wohl brauchen, um mit dem vermehrten Auftrieb richtig umzugehen. Können Sie den Abstieg so vornehmen, wie und wann er vom Tauchführer verlangt wird?

Das natürliche Verhalten mancher Haiarten verlangt, dass man sofort abtaucht, sobald man im Wasser ist. Dabei bleibt keine Zeit, den Auftrieb zu prüfen oder sonst irgendwelche Dinge an der Oberfläche zu tun. Wenn Sie sich nicht sicher sind, überprüfen Sie den Auftrieb lieber vor dem Tauchgang.

Wenn Sie dann das sichere Tauchen und die Ausrüstung beherrschen, ist es Zeit für den zweiten Schritt zu einer erfolgreichen Haibegegnung: Befolgen Sie die Anweisungen des Tauchführers, und zwar sehr genau! Versuchen Sie sich die Regeln und Hinweise einzuprägen. Versuchen Sie auch, Ihre Aufregung im Zaum zu halten und sich auf die Ausführungen und Erklärungen des Führers zu konzentrieren. Wenn Sie Fragen haben, stellen Sie diese. Jedoch sollten Sie keinesfalls die Regeln und Routine in Frage stellen. Sollten Sie aufgrund Ihrer Erfahrung Zweifel an den gegebenen Anweisungen oder aufgestellten Regeln haben und denken, dass diese nicht für Sie gelten, sollten Sie den Tauchgang sein lassen und versuchen, einen Anbieter zu finden, der besser Ihren Vorstellungen entspricht. Den Anweisungen des Tauchführers nicht zu folgen oder Regeln zu missachten ist nicht nur respektlos, sondern kann auch ein Sicherheitsrisiko für Sie und andere darstellen - nicht nur für Sie und die Gruppe sondern auch für den Tauchführer und die Haie.

Wenn Sie also vorhaben, eine Haibegegnung zu erleben, sollten Sie sich frühzeitig über die Umgebung, die Ausrüstung, Umstände und Verhältnisse sowie auch über sich selbst Gedanken machen. Versuchen Sie Ihre Fähigkeiten ehrlich einzuschätzen und setzen Sie sich mit Ihren Bedenken oder Ängsten auseinander. Schreiben Sie sich eine Checkliste, um besser begreifen zu können, was Sie unter Kontrolle haben und worauf Sie achten müssen. Rufen Sie den Tauchführer an, um sich vorab zu erkundigen. Bei Ihrer Ankunft an der Tauchstelle oder am Boot sollten Sie vorbereitet sein. Wenn Sie diese Regeln befolgen, können Sie sich voll und ganz auf die Begegnung mit den Tieren konzentrieren. So werden Sie garantiert ein wunderschönes Erlebnis haben.