Haie haben so hervorragende und zum Teil ungewöhnliche Sinnesorgane, dass man lange der Meinung war, sie würden so das schlechte Sehvermögen ausgleichen. Doch heute weiß man, dass Haie sehr gut sehen können.
Haie haben sehr feine Sinne die es ihnen ermöglichen, sogar geringe Mengen an elektrischen Strömen oder Vibrationen (Elektrorezeptoren) und chemische Veränderungen im Wasser (Chemorezeptoren) wahrzunehmen. Diese Sinne sind so hoch spezialisiert, dass man davon ausging, dass sie das schlechte Sehvermögen der Haie ausgleichen. Ende der 60er Jahre fanden Forscher jedoch heraus, dass Haie doppelte Netzhäute besitzen, die sowohl Stäbchen- als auch Zapfenzellen beinhalten (1). Mit Stäbchenzellen kann der Hai hell und dunkel unterscheiden, während die Zapfenzellen das Sehen von Farben erlauben (obwohl Forscher sich noch nicht einig sind, wie Haie Farben interpretieren) (4). Die Struktur des Haiauges ähnelt dem anderer Vertebraten (Wirbeltieren) insofern sehr, als dass es ebenfalls eine Hornhaut, Linse, Netzhaut, Pupille und Iris besitzt (4). Wegen des ähnlichen Aufbaus und Funktion kann man davon ausgehen, dass auch die Sehfähigkeit eines Haies der des Menschen sehr ähnelt (1,4).
Anders als bei uns Menschen sind Haiaugen mit dem Tapetum lucidum, einer Schicht spiegelartiger Kristalle hinter der Netzhaut, ausgestattet. Diese Schicht nimmt sogar kleinste Lichtmengen wahr und reflektiert diese auf die Netzhaut zurück, was die Sehschärfe verstärkt (4). Diese Anpassung erlaubt es dem Hai, sogar in dunklem oder trübem Wasser bis zu 10 Meter weiter sehen zu können, als es der Mensch in klarem Wasser vermag (3,4). Das menschliche Auge ist an das Land angepasst und kann im Wasser nicht scharf sehen. Das Haiauge hingegen kann unter Wasser und möglicherweise sogar auch über Wasser scharf sehen (2). Ebenso besitzt das Haiauge im Unterschied zu dem Menschen eine Nickhaut, die das Auge bedeckt und schützt, wenn der Hai in die Beute beißt. Haiarten wie der Weiße Hai, denen eine solche Nickhaut fehlt, rollen ihre Pupille zum Schutz nach hinten in den Kopf, während sie fressen (3,4).
Anders als bei anderen Tierordnungen kann die Größe und Funktion des Auges stark zwischen den verschiedenen Haiarten variieren (1). Haie sind verblüffend und einzigartig an ihre Umwelt angepasst, auch was ihr Sehvermögen anbelangt. Lisney und Collin (2007) haben eine Studie über die relative und absolute Augengröße von 46 verschiedenen Elasmobranchier-Arten durchgeführt. Dabei fanden sie heraus, dass Augen- und Pupillengröße mit der jeweiligen Tiefe, in der die Tiere hauptsächlich vorkommen, variieren (1). Haie, die im Pelagial (0-200 m unter dem Meeresspiegel) und im oberen Mesopelagial (200–1000 m) leben, hatten dabei die größten Augen, da sie dort leben, wo eine hohe Lichtverfügbarkeit herrscht. In der bathypelagischen Zone (1000-4000 m) hatten Haie hingegen kleinere Augen mit relativ größeren Pupillen, um die Sehschärfe und die Fähigkeit, Biolumineszenz wahrzunehmen, zu verbessern (1). Auch die Fressgewohnheiten beeinflussen die Augengröße der Tiere. Haie die sich von größeren, schnellen Beutetieren ernähren, haben größere Augen als Haie, die primär auf sessile Beute Jagd machen (1). Trotz ihrer überwältigenden sensorischen Fähigkeiten sind Haie auf ihre Augen angewiesen, wenn sie auf Futtersuche gehen. Daher ist das Sehvermögen der Haie ebenso einwandfrei an ihre Umwelt angepasst wie ihre anderen Sinne auch (3).